Wir alle stehen im Leben vor der Herausforderung, unsere Wertigkeit kennenzulernen und in der Gesellschaft zurechtkommen zu müssen. Die Welt ist voller Berufungen und jeder muss den für sich geeigneten Beruf finden, ob hochsensibel oder nicht.
Wir lernen, dass wir nach Abschluss der Schulausbildung ein Studium beginnen oder einen Beruf erlernen sollen. Nach meiner Erfahrung wissen aber die wenigsten, wo ihre Fähigkeiten liegen oder was ihnen Spaß machen könnte. Trotzdem werden wir mit dem Auftrag ins Leben entlassen, dass das, was wir jetzt wählen, uns den Rest unseres Lebens beschäftigen und ausfüllen soll. Daraus entsteht ein enormer Druck, eine Verantwortung für sich zu übernehmen, deren Folgen wir ja noch gar nicht absehen können.
Das Berufsleben kann nur dann erfüllend sein, wenn man seine Motivation und Grenzen kennt und für die eigenen Veränderungswünsche offenbleibt. Die Balance zwischen dem, was man gibt, und dem, was man bekommt einerseits und zwischen den eigenen Idealen und den existentiellen Erfordernissen andererseits, muss ausgeglichen sein. Leider erfordert das manchmal, die eigenen Vorstellungen zu korrigieren und eventuell hochemotionale Bedürfnisse ein Stück weit hintenan zu stellen.
Das Schöne ist, dass wir als Menschen in der Regel Wahlmöglichkeiten haben. Die einen mehr, die anderen weniger. Innerhalb der eigenen Grenzen und entsprechend der persönlichen Veranlagung können und sollten wir diese Wahlmöglichkeit nutzen, um unseren Platz im Leben und unsere Berufung zu finden. Aber den richtigen Platz/die richtige Berufung findet man nur, wenn man sich selbst kennt und versteht.
Die Findung der eigenen Berufung ist eine der schwierigsten und langwierigsten Aufgaben im Leben. Manche suchen ein Leben lang danach, andere finden sie vielleicht auch nie.
Hochsensible, die um ihre Hochsensibilität wissen, haben dabei einen ganz entscheidenden Vorteil: Sie können sich, so wie sie sind, besser akzeptieren und ihr Leben entsprechend gestalten. Ihre Talente, die sie besonders qualifizieren, können sie aktiv in Freizeit, Beruf und im Zwischenmenschlichen nutzen. So finden sie leichter ihre Berufung und können sie vor dem schützen, was ihnen nicht guttut oder von ihrem Ziel abhält.
Sie können mit Menschen in Kontakt treten, die sie in ihrer Art wertschätzen. Wenn sie wohlwollend mit sich umgehen, können sie vermeiden, dass sie einem gesellschaftlich vorgegebenen Idealbild hinterherjagen, das sie sich selbst auferlegt haben oder das ihnen von anderen auferlegt wurde und von dem sie sonst glauben würden, es erfüllen zu müssen.
Optimal ist es für Hochsensible, wenn sie sich ihre Anforderungen und Zeitrahmen selbst stecken können. Durch die relativ schnelle Reizüberflutung, brauchen sie Ruhe- und Reflexionszeiten, die unsere Gesellschaft nicht immer gewährt. Schule, Beruf aber auch das Familienleben erfordern, dass man sich gewissen Vorgaben beugt. So kommt es relativ häufig vor, dass Hochsensible früher oder später den Weg der Selbstständigkeit wählen und auch häufiger als Single leben. Dadurch ist es für sie leichter möglich, ihrem eigenen Rhythmus und ihren Bedürfnissen zu folgen. So fühlen sich die meisten Hochsensiblen z.B. in den eigenen vier Wänden wohler als in einem Großraumbüro.
Ein besonderes und heutzutage seltenes Gut ist ihre Fähigkeit, mit feinem Gespür zuzuhören, subtile Botschaften zu empfangen und zu interpretieren und mit anderen behutsam umgehen zu können. Ihre Empathiefähigkeit tut insbesondere Menschen, die belastende Dinge erlebt haben und Zuwendung dringend benötigen, sehr gut. Viele Hochsensible können sich in andere hineinfühlen, auch wenn sie selbst die Erlebnisse nicht teilen. Beruflich trifft man sie daher auch häufig in sozialen, beratenden und therapeutischen Berufen an.
Um einen Beruf zu finden, in dem man sich wohlfühlt, seine kreativen Kräfte entfalten und weiterentwickeln kann, benötigt also jeder Mensch ein Wissen um seine Bedürfnisse, Talente und Fähigkeiten. Da unterscheiden sich Hochsensible wenig von „normalsensiblen“ Menschen. Das Finden der Berufung bedarf aber eines Entwicklungsprozesses, der nicht immer leicht ist. Gerade wenn ein Mensch das Gefühl hat, den gängigen Schemata nicht zu entsprechen, immer irgendwie falsch zu sein und daraus dann einen Anpassungszwang entwickelt, wird es sehr schwierig für ihn, seinen individuellen Platz im Leben zu finden. Das Ziel sollte also nicht sein, so zu werden wie die anderen, sondern die Akzeptanz der eigenen Person. Wem das gelingt, der wird auch irgendwann seine Nische finden, innerhalb derer er sich bewegen, ohne sich „verbiegen“ zu müssen.
Es ist ganz spannend, sich selbst zu fragen, worin das persönliche Glück besteht oder wann wir vollkommen zufrieden sind. Wenn Du sozusagen Dich selbst coachen möchtest,